Change ohne Beteiligung? Klingt nach einer schnellen Lösung. Mit dem Haken: Widerstand, Frust und zähe Prozesse kauft man auf jeden Fall mit ein.
Denn eines ist sicher: Wer Mitarbeitende vor vollendete Tatsachen stellt, darf sich nicht wundern, wenn sie sich innerlich verabschieden. Gleichzeitig ist Beteiligung aber auch kein Freifahrtschein für endlose Diskussionen, bei denen am Ende doch niemand entscheidet.
Kurz gesagt: Es gibt viele Möglichkeiten, es mit der Beteiligung im Change zu vermasseln. Hier sind fünf davon – und wie du es besser machst.
Fehler 1: Beteiligung am Change nur zum Schein
„Ich habe das Team doch gefragt!“, sagst Du Dir vielleicht. Das ist prima, damit hast Du Dir Fleisspunkte verdient. Nur wenn Du mit den Antworten nichts anfängst, kannst Du Dir die Mühe auch sparen.
Ein Klassiker in Change-Prozessen: Es gibt Workshops, Umfragen oder Feedbackrunden – aber die wesentlichen Entscheidungen stehen längst fest. Offiziell heißt es dann: „Wir nehmen eure Impulse auf.“ Inoffiziell bedeutet das: „Danke fürs Mitmachen, aber es bleibt, wie es ist.“
Bitte dann nicht darüber wundern, wenn Beteiligung nicht als Bereicherung, sondern als Zeitverschwendung empfunden wird. Je öfter es so läuft, desto weniger werden noch ernsthaft mitmachen.
Wie es besser geht:
Echte Beteiligung bedeutet nicht, dass jede Entscheidung basisdemokratisch getroffen wird. Aber sie bedeutet, dass es echte Gestaltungsspielräume gibt. Und die müssen klar kommuniziert werden.
Also: Vorab definieren und klar kommunizieren, was wirklich verhandelbar ist – und was nicht. Und dann auch ehrlich sagen: „Hier könnt ihr mitentscheiden. Und hier nicht, weil…“
Wenn für die Kommunikation scheinbar die Zeit fehlt, hab ich hier drei Tipps für Dich, wie Du Menschen trotzdem wirksam abholst.
Fehler 2: Entscheidungen im stillen Kämmerlein
„Wir wollten erst ein rundes Konzept erarbeiten, bevor wir das Team einbeziehen.“ Klingt vernünftig, oder? Blöd nur, dass Beteiligung, die erst nach der Entscheidung startet, keine Beteiligung mehr ist – sondern eine Infoveranstaltung.
Und genau so fühlt es sich dann auch an: Mitarbeitende sitzen da, hören sich den fertigen Plan an und stellen fest, dass für ihre Perspektive eigentlich gar kein Platz mehr ist. Was folgt, ist entweder Gleichgültigkeit („Macht ihr mal…“) oder offener Widerstand („So läuft das nicht!“).
Wie es besser geht:
Wer Beteiligung will, muss frühzeitig einbinden – und nicht erst, wenn es ums Feintuning geht. Nein, das bedeutet nicht, dass jede Idee in der ersten Brainstorming-Runde von 50 Leuten abgesegnet werden muss. Aber es bedeutet, Transparenz zu schaffen, bevor Entscheidungen unumkehrbar sind.
Also: Nicht erst präsentieren, wenn alles in Stein gemeißelt ist, sondern Zwischenschritte sichtbar machen. Damit Menschen nicht nur mitdenken, sondern sich auch ernst genommen fühlen.
Und ja, Mitarbeitende rufen nach fertigen Lösungen – und wünschen sich gleichzeitig einbezogen zu werden. Was hier hilft: Deutlich machen, dass beides gleichzeitig nicht geht. Also charmant um Mitgestaltung bitten und bewusst machen, dass unfertige Lösungen der beste Beweis dafür sind, dass das Beteiligungsangebot ernst gemeint ist.
Fehler 3: Beteiligung am Change ohne Konzept
„Alle dürfen mitreden!“ Klingt erstmal super – bis alle wirklich mitreden und niemand mehr den Überblick hat.
Wenn nicht klar ist, wer was zu sagen hat, wer was entscheidet und was mit dem Input passiert, wird Beteiligung schnell zum Chaos-Experiment. Manche melden sich gar nicht, weil sie nicht wissen, ob es sich lohnt. Andere reißen die Diskussion an sich – und dann wundert man sich, dass das Team am Ende noch gespaltener ist als vorher.
Wie es besser geht:
Klarheit ist der Schlüssel. Und zwar in drei Bereichen:
- Wer entscheidet was? Gibt es Mitgestaltung oder nur Mitsprache?
- Welche Themen sind offen zur Diskussion – und welche nicht?
- Welche Fragen stellen wir und wie sammeln wir die Antworten?
- Was passiert mit den Ergebnissen? Verschwinden sie in der Schublade oder fließen sie wirklich ein?
Stell es Dir wie eine Schnitzeljagd vor. Du gehst die Route vorher schon mal ab. In dem Du Dir Fragen, Austauschformate und die Ergebniskonsolidierung überlegst, streust Du genau die Schnitzel, die den roten Teppich für gute Gestaltungsideen ausrollen.
Beteiligung funktioniert am besten, wenn alle wissen, woran sie sind.
Fehler 4: Beteiligung ganz ohne Methode
„Wir wollten alle mitnehmen“ – und sitzen jetzt seit sechs Wochen in Meetings, ohne greifbare Ergebnisse.
Wer einfach nur „alle einbezieht“, ohne sich Gedanken über das Wie zu machen, läuft Gefahr, dass entweder Chaos oder pure Zeitverschwendung entsteht.
Ein typisches Szenario:
- Entweder: Eine große Diskussionsrunde, in der die Lautesten das Wort an sich reißen und alle anderen schweigen.
- Oder: Ein Workshop voller Ideen – aber am Ende gibt es keine klare Entscheidung, und niemand weiß, wie es weitergeht.
So fühlt sich Beteiligung dann nach „viel Aufwand, wenig Wirkung“ an. Kein Wunder, dass sie in manchen Unternehmen nur noch halbherzig betrieben wird.
Wie es besser geht:
Beteiligung wird besser, wenn Du sie mit Methode angehst.
Hier drei erprobte Methoden, mit denen Beteiligung effektiv und zielführend wird:
Beteiligung am Change strukturieren: Wer hat welche Rolle?
Bevor du loslegst, kläre:
- Informieren: Wer muss einfach nur Bescheid wissen?
- Konsultieren: Wer sollte gehört werden, bevor eine Entscheidung fällt?
- Mitentscheiden: Wo ist echte Mitgestaltung nötig?
Ein einfaches Tool dafür ist das Delegation Board (nach Jürgen Appelo). Damit lässt sich schnell sichtbar machen, welche Entscheidungen im Team, in der Führung oder gemeinsam getroffen werden. Das spart Diskussionen über Dinge, die eigentlich gar nicht verhandelbar sind.
Methoden passend zum Beteiligungsziel wählen
Jede Beteiligung benötigt eine klare Frage und eine passende Methode. Hier ein paar Ideen:
-
Für Ideensammlung und Perspektiven:
→ „World Café“ – Mitarbeitende diskutieren an wechselnden Thementischen. Perfekt, um viele Sichtweisen in kurzer Zeit zu sammeln.
→ „1-2-4-All“ (Liberating Structures) – Erst denkt jede*r für sich, dann tauschen sich Zweier- und schließlich Vierergruppen aus. So kommen alle zu Wort. -
Für Entscheidungsfindung:
→ „Dotmocracy“ – Alle bewerten Ideen mit jeweils maximal drei Klebepunkten. So entsteht in Minuten eine klare Priorisierung.
→ „Systemisches Konsensieren“ – Alle geben an, wie groß ihr Widerstand gegen eine Option wäre. Die Variante mit dem geringsten Widerstand gewinnt – und nicht einfach die mit den meisten Stimmen. -
Für kritische Reflexion:
→ „Pre-Mortem“ – Statt nur über Chancen zu reden, überlegen alle: „Was könnte hier komplett schiefgehen?“ Das hilft, Risiken früh zu erkennen.
→ „5-Why-Methode“ – Durch fünfmaliges Nachfragen nach dem „Warum?“ kommen die wahren Ursachen von Problemen ans Licht.
Fehler 5: Alles unter Kontrolle haben – und gleichzeitig von Beteiligung sprechen
„Ich will ja Beteiligung – aber bitte so, dass ich am Ende trotzdem die Kontrolle behalte.“
Kennst du das? Du willst dein Team mit einbinden, hast aber gleichzeitig diesen kleinen, nagenden Gedanken: „Was, wenn sie es nicht richtig machen?“ Oder schlimmer noch: „Was, wenn sie es anders machen, als ich es mir vorstelle?“
Genau hier liegt der Knackpunkt. Viele Führungskräfte wünschen sich engagierte Mitarbeitende, aber nur, solange das Engagement in die gewünschte Richtung geht. Die Folge: Sie steuern nach, korrigieren, mischen sich ein – und wundern sich dann, warum das Team irgendwann aufhört, eigene Ideen einzubringen.
Denn wenn am Ende doch wieder alles über den Schreibtisch der Führungskraft läuft, lohnt es sich einfach nicht, Verantwortung zu übernehmen. Also tun die Leute nur noch das Nötigste – oder warten direkt auf Anweisungen.
Und das Bittere daran: Es bestätigt genau die Befürchtung der Führungskraft. „Ich kann meine Leute nicht einfach machen lassen, die bringen sich ja nicht genug ein.“ Dabei war genau das die Folge des Mikromanagements.
Wie du als Führungskraft aus der Kontrollfalle kommst:
Von „Ich muss alles im Blick haben“ zu „Mein Team kann das auch“
Loslassen ist eine der schwersten Führungsaufgaben. Aber die Wahrheit ist: Die meisten Mitarbeitenden wollen mitdenken und mitgestalten – wenn man sie lässt.
Eine hilfreiche Frage zur Selbstreflexion: Wo habe ich in der Vergangenheit Kontrolle abgegeben – und was ist passiert?
Oft genug wird dabei klar: Das Team hat es gut (genug) gelöst.
Mein Fazit: Mit Klarheit und Struktur lässt sich Beteiligung am Change oft erstaunlich einfach umsetzen.
Beteiligung scheitert oft an mangelnder Klarheit, Struktur und Methodik.
Beteiligung heißt zudem, Verantwortung für Lösungsideen auch bewusst abzugeben. Und ja, das fühlt sich anfangs unsicher an. Aber der Gewinn ist enorm: ein selbstständiges, engagiertes Team, das wirklich mitdenkt. Ein Change, der genug Rückenwind bekommt, um die Zielgerade zu erreichen.
Ich mache immer wieder aufs Neue die Erfahrung: Es ist eine Investition in Akzeptanz und Ergebnis-Qualität, die sich mehrfach auszahlt.
Lass‘ uns zusammen verändern!
Ich bin übrigens Gesine, unverbesserliche Optimistin, die fest daran glaubt, dass Menschen bereit sind, sich zu verändern und eng zusammenzuarbeiten… wenn man sie auf dem richtigen Fuß erwischt.
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